TRBS 2152 (Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen bei explosionsfähiger Atmosphäre)

In industriellen Betrieben kommt es regelmäßig zum Umgang mit Stoffen, die bei ungünstigen Bedingungen explosionsfähige Atmosphären bilden können. Dazu gehören Gase, Dämpfe, Nebel und Stäube, die sich bei Kontakt mit Luft entzünden lassen. Die TRBS 2152 konkretisiert Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zur Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen bei explosionsfähiger Atmosphäre.

Ziel ist es, die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten, Sachschäden zu vermeiden und die Verfügbarkeit der technischen Anlagen zu erhalten – insbesondere bei Prozessen mit brennbaren Stoffen, Absaug- oder Lagersystemen, Dosieranlagen, Lackierkabinen, Reinigungseinrichtungen oder automatisierten Lagerliften, in denen leicht entzündliche Güter oder Gefahrstoffe gelagert werden.

 

Geltungsbereich der TRBS 2152

Die TRBS 2152 bezieht sich auf alle Arbeitsbereiche, in denen mit Stoffen gearbeitet wird, die mit Luft explosionsfähige Gemische bilden können. Dies umfasst u. a.:

  • Produktionsprozesse (z. B. bei Farben, Lösungsmitteln, Harzen)

  • Lagerung von Gefahrstoffen (z. B. in Lagerschränken oder Lagerliften)

  • Reinigungsarbeiten mit Lösungsmitteln

  • Entstaubungsanlagen (z. B. bei Aluminium, Mehl oder Holz)

  • Abfüll- und Dosierprozesse

Besondere Relevanz hat die Norm bei automatisierten Systemen wie Lagerliften, da hier häufig brennbare Materialien wie Papier, Kunststoffe, Aerosole oder Chemikalien auf engem Raum gelagert werden – kombiniert mit elektrischen Antrieben, Steuerungen und potenziellen Zündquellen.

 

Aufbau der TRBS 2152

Die TRBS 2152 ist in mehrere Teile gegliedert. Für eine ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung sind vor allem folgende relevant:

  • Teil 1: Allgemeine Anforderungen

  • Teil 2: Vermeidung und Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre

  • Teil 3: Vermeidung wirksamer Zündquellen

  • Teil 4: Konstruktion von Arbeitsmitteln für explosionsgefährdete Bereiche

Alle Teile zusammen bilden ein schlüssiges Sicherheitskonzept von der Gefährdungsermittlung bis zur technischen Ausführung der Schutzeinrichtungen.

 

Explosionsfähige Atmosphäre – Definition und Beispiele

Eine explosionsfähige Atmosphäre liegt vor, wenn sich ein Gemisch aus Luft und brennbaren Stoffen (z. B. Gasen, Dämpfen, Stäuben) bildet, das sich nach Zündung selbstständig und explosionsartig ausbreitet.

Beispiele:

  • Dämpfe aus Lösungsmitteln in Reinigungskabinen

  • Nebel von Hydraulikölen bei Leckagen

  • Mehl- oder Zuckerstäube in der Lebensmittelproduktion

  • Aerosole in Lagern mit Spraydosen oder Farben

  • Aluminiumstäube in CNC-Bearbeitungszentren

Auch in Lagerliften können sich explosionsfähige Atmosphären bilden, etwa durch:

  • Undichte Gebinde mit brennbaren Flüssigkeiten

  • Leckagen bei Spraydosen

  • Ansammlung entzündlicher Dämpfe bei unzureichender Lüftung

 

Gefährdungsbeurteilung nach TRBS 2152 Teil 1

Die Grundlage jeder Sicherheitsmaßnahme ist die Gefährdungsbeurteilung. Diese umfasst:

  1. Identifikation gefährlicher Stoffe

    • Welche Stoffe kommen vor? (z. B. Ethanol, Aceton, Butan, Staubarten)

    • In welchen Mengen werden sie gehandhabt?

  2. Ermittlung gefährlicher Mengen

    • Kann sich eine explosionsfähige Atmosphäre bilden?

    • Ist sie räumlich oder zeitlich begrenzt?

  3. Festlegung von Zonen

    • Zonen 0, 1, 2 für Gase/Dämpfe

    • Zonen 20, 21, 22 für Stäube

  4. Zündquellenanalyse

    • Sind Zündquellen vorhanden? (z. B. heiße Oberflächen, Funken, elektrostatische Entladungen)

  5. Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen

Bei automatisierten Lagerliften ist beispielsweise zu prüfen, ob die Belüftung des Liftschachts eine Konzentrationsansammlung verhindert und ob elektrisch betriebene Komponenten über geeignete Schutzklassen verfügen (z. B. Ex-sichere Ausführung).

 

Schutzmaßnahmen nach STOP-Prinzip

Wie bei anderen technischen Regeln gilt auch bei der TRBS 2152 das STOP-Prinzip:

S – Substitution

  • Ersetzen gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche (z. B. alkoholfreie Reinigungsmittel)

  • Vermeidung staubender Prozesse durch gebundene Form (z. B. Granulat statt Pulver)

T – Technische Maßnahmen

  • Absauganlagen mit Ex-Schutz-Funktion

  • Gaswarnanlagen zur Detektion von gefährlichen Konzentrationen

  • Lüftungseinrichtungen in Lagersystemen

  • Ex-geschützte elektrische Betriebsmittel (z. B. Schaltschränke, Sensorik)

  • Blitzschutz- und Potentialausgleich

O – Organisatorische Maßnahmen

  • Kennzeichnung explosionsgefährdeter Bereiche

  • Erlaubnisscheine für Arbeiten in Ex-Zonen

  • Festlegung sicherer Betriebsabläufe

  • Regelmäßige Unterweisungen der Beschäftigten

P – Persönliche Schutzmaßnahmen

  • Antistatische Kleidung

  • Ex-geschützte Werkzeuge

  • Atemschutz bei Reinigungs- oder Wartungsarbeiten

 

Besondere Anforderungen für Lagerlifte

Lagerlifte als automatisierte vertikale Lagersysteme bieten durch ihre kompakte Bauweise Vorteile, stellen aber bei Lagerung gefährlicher Güter eine Herausforderung dar:

  • Klimatische Bedingungen im Liftraum können die Dampfentwicklung fördern.

  • Schächte mit geringer Belüftung begünstigen Anreicherung von Dämpfen oder Stäuben.

  • Elektrische Antriebseinheiten und Sensorik stellen potenzielle Zündquellen dar.

  • Brand- und Explosionsgefahr kann sich durch mechanische Reibung (z. B. blockierte Träger) erhöhen.

Empfohlene Maßnahmen:

  • Ex-geschützte Lüftungseinheiten im Liftschacht

  • Gasmesssensoren mit automatischer Abschaltung

  • Klassifizierung von Lagergut nach Explosionsrisiko

  • Automatische Sperrung des Lifts bei Alarmauslösung

  • Integration in übergeordnete Brandmeldeanlage

 

Brandschutz im Zusammenhang mit explosionsfähiger Atmosphäre

Die TRBS 2152 berücksichtigt auch den Brandschutz, da eine Explosion immer mit einer thermischen Energieabgabe einhergeht.

Wichtige Brandschutzmaßnahmen:

  • Brandabschnitte mit feuerbeständigen Wänden

  • Brandschutztüren mit automatischer Schließfunktion

  • Löschanlagen (z. B. CO₂, Aerosollöschung) in Gefahrstofflagern

  • Feuerwehrpläne mit gekennzeichneten Ex-Zonen

  • Brandschutzschulungen für Personal in Ex-Bereichen

Gerade in Kombination mit Lagerliften, die mit elektrischen Komponenten und brennbaren Materialien arbeiten, ist eine integrierte Betrachtung von Brand- und Explosionsschutz erforderlich.

 

Dokumentation und Prüfpflichten

Gemäß TRBS 2152 müssen alle Gefährdungsbeurteilungen und Maßnahmen dokumentiert werden. Zusätzlich gelten besondere Prüfpflichten für Ex-Bereiche:

  • Prüfung elektrischer Anlagen vor Inbetriebnahme

  • Wiederholungsprüfungen nach festgelegtem Intervall

  • Prüfung nach Instandsetzung oder Änderung

  • Kontrolle der Lüftungseinrichtungen

Ein Explosionsschutzdokument (gemäß § 6 Abs. 9 BetrSichV) muss erstellt und aktuell gehalten werden.

 

Fazit

Die TRBS 2152 stellt eine umfassende Anleitung zur sicheren Gestaltung von Arbeitsplätzen mit explosionsfähiger Atmosphäre dar. Besonders in Produktionsbetrieben mit automatisierten Lagerlösungen, Werkzeugmaschinen und Gefahrstoffhandling ist sie unerlässlich.

Sie unterstützt Unternehmen dabei, gesetzliche Anforderungen sicher umzusetzen und gleichzeitig:

  • das Risiko von Explosionen deutlich zu reduzieren,

  • den Brandschutz zu verbessern,

  • die Anlagenverfügbarkeit zu sichern und

  • Mitarbeitende effektiv zu schützen.

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