Automotive Safety Integrity Level (ASIL) & Brandschutz

Der Automotive Safety Integrity Level (ASIL) ist ein zentraler Begriff der funktionalen Sicherheit in der Automobilindustrie. Er wird in der Norm ISO 26262 definiert und dient der Bewertung und Klassifizierung von Risiken, die mit sicherheitskritischen Funktionen in Fahrzeugen verbunden sind. Ein direkter Zusammenhang zwischen ASIL und dem Brandschutz ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Sicherheit von Fahrzeugen, insbesondere im Hinblick auf thermische und elektrische Gefahren, zu gewährleisten.

 

Grundlagen des Automotive Safety Integrity Level (ASIL)

ASIL ist ein Risikobewertungsmodell, das die funktionale Sicherheit von elektrischen und elektronischen Systemen in Fahrzeugen sicherstellt. Es berücksichtigt:

  1. Schweregrad (Severity, S):

    • Wie schwerwiegend sind die Folgen eines Fehlers?

    • Skala: S0 (keine Verletzungen) bis S3 (lebensgefährliche Verletzungen).

  2. Expositionswahrscheinlichkeit (Exposure, E):

    • Wie häufig tritt die gefährliche Situation auf?

    • Skala: E0 (unwahrscheinlich) bis E4 (sehr häufig).

  3. Kontrollierbarkeit (Controllability, C):

    • Wie leicht kann der Fahrer die Situation kontrollieren?

    • Skala: C0 (leicht kontrollierbar) bis C3 (kaum kontrollierbar).

ASIL-Einstufungen

ASIL wird in vier Stufen unterteilt:

  • ASIL A: Niedrigste Sicherheitsanforderung.

  • ASIL B: Moderate Sicherheitsanforderung.

  • ASIL C: Hohe Sicherheitsanforderung.

  • ASIL D: Höchste Sicherheitsanforderung.

Ein System mit ASIL D erfordert die strengsten Maßnahmen zur Fehlervermeidung und -kontrolle.

 

Zusammenhang zwischen ASIL und Brandschutz

In modernen Fahrzeugen, insbesondere Elektro- und Hybridfahrzeugen, ist der Brandschutz eng mit der funktionalen Sicherheit verknüpft. Dies umfasst:

1. Thermische Sicherheit von Batteriesystemen
  • Gefahr:

  • ASIL-Bewertung:

    • Funktionen wie Batteriemanagementsysteme (BMS) werden typischerweise auf ASIL C oder D bewertet, da sie kritische Rollen in der Überwachung und Kontrolle spielen.

  • Brandschutzmaßnahmen:

    • Temperaturüberwachung, Feuerhemmende Gehäuse, Druckentlastungssysteme.

2. Elektrische Sicherheit
  • Gefahr:

    • Kurzschlüsse oder Überspannungen können Brände auslösen.

  • ASIL-Bewertung:

    • Sicherheitsfunktionen wie Fehlerstromschutz oder Spannungskontrolle sind oft ASIL B oder höher.

  • Brandschutzmaßnahmen:

    • Isolationsüberwachung, automatische Abschaltmechanismen.

3. Kraftstoffsysteme und Abgasanlagen
  • Gefahr:

    • Undichtigkeiten oder Überhitzung können zur Entzündung von Kraftstoff führen.

  • ASIL-Bewertung:

    • Funktionen zur Überwachung des Kraftstoffsystems und der Abgasrückführung fallen oft in ASIL B oder C.

  • Brandschutzmaßnahmen:

    • Einsatz von feuerfesten Materialien, Sensoren zur Erkennung von Gaslecks.

4. Sensorik und Steuerungssysteme
  • Gefahr:

    • Fehlfunktionen von Sensoren oder Steuergeräten können gefährliche Situationen verursachen.

  • ASIL-Bewertung:

    • Fahrerassistenzsysteme (z. B. Notbremsassistent) und autonome Fahrsysteme werden häufig in ASIL D eingestuft.

  • Brandschutzmaßnahmen:

    • Schutzmechanismen gegen Überhitzung oder elektrische Überlastung.

 

Anforderungen an die Entwicklung sicherheitskritischer Systeme

Die ISO 26262 legt strenge Anforderungen an die Entwicklung von Systemen mit ASIL-Einstufung fest:

  1. Gefahren- und Risikoanalyse (HARA):

    • Identifikation potenzieller Gefahren und deren Bewertung gemäß ASIL.

  2. Technische Sicherheitsanforderungen:

    • Entwicklung von Schutzmechanismen und Redundanzen, um Fehlerfolgen zu minimieren.

  3. Validierung und Verifikation:

    • Umfangreiche Tests und Simulationen, um die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen sicherzustellen.

  4. Fehlertoleranz und Diagnosestrategien:

    • Einsatz von Sicherheitsmechanismen wie Fail-Safe oder Fail-Operational.

 

Vorteile des ASIL-Ansatzes für den Brandschutz

1. Frühzeitige Fehlererkennung:
  • Identifikation potenzieller Brandgefahren in der Designphase.

2. Standardisierung:
  • Einheitliche Bewertung und Entwicklung sicherheitskritischer Funktionen.

3. Erhöhte Fahrzeug- und Insassensicherheit:
  • Reduzierung des Risikos von Bränden und anderen sicherheitskritischen Ereignissen.

4. Vertrauen in neue Technologien:
  • ASIL-Methoden stärken das Vertrauen in Elektrofahrzeuge und automatisierte Fahrsysteme.

 

Herausforderungen

1. Komplexität moderner Fahrzeuge:
  • Integration zahlreicher sicherheitskritischer Systeme erfordert umfangreiche Analysen.

2. Kostendruck:
  • Strenge ASIL-Anforderungen können die Entwicklungskosten erheblich erhöhen.

3. Normenkonformität:
  • Sicherstellung der Einhaltung von ISO 26262 und weiteren relevanten Normen.

 

Fazit

Der Automotive Safety Integrity Level (ASIL) ist ein unverzichtbares Werkzeug für die Bewertung und Entwicklung sicherheitskritischer Funktionen in Fahrzeugen. Sein Zusammenhang mit dem Brandschutz zeigt sich insbesondere in der Bewertung und Kontrolle thermischer und elektrischer Risiken. Durch die Anwendung von ASIL-Methoden können Hersteller die Sicherheit moderner Fahrzeuge gewährleisten und gleichzeitig den wachsenden Anforderungen an Brandschutz und funktionale Sicherheit gerecht werden.

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