DIN EN 528 (Sicherheitsanforderungen für Regalbediengeräte in Regalanlagen)

Die DIN EN 528 ist eine zentrale Norm für die sicherheitstechnische Auslegung von Regalbediengeräten (RBG), die in automatisierten Hochregallagern eingesetzt werden. Ihre Anwendung beschränkt sich jedoch auf eine spezifische Maschinenklasse: schienengebundene Regalbediengeräte, die für das automatische Ein- und Auslagern von Ladeeinheiten oder Langgut verwendet werden. Statische Regalsysteme, Lagerlifte, Umlaufregale oder andere manuelle Lagereinrichtungen fallen nicht in den Geltungsbereich dieser Norm.

Die aktuelle Ausgabe ist DIN EN 528:2023-02, die auf der überarbeiteten europäischen Norm EN 528:2021+A1:2022 basiert. Diese Norm ist harmonisiert im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und unterstützt Hersteller und Betreiber bei der Umsetzung der Anforderungen an Maschinensicherheit im Lagerumfeld.

 

Anwendungsbereich

Die DIN EN 528 behandelt ausschließlich Maschinen, die die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Sie sind schienengebunden, bewegen sich also auf Schienen innerhalb oder außerhalb von Regalgassen.

  • Sie verfügen über eine Hubvorrichtung, die entlang eines vertikalen Mastes verfahrbar ist.

  • Sie sind mit einem Lastaufnahmemittel (LAM) ausgestattet, das häufig seitlich verfahren werden kann (z. B. Teleskopgabeln oder Satellitenfahrzeuge).

  • Sie arbeiten manuell, halbautomatisch oder vollautomatisch und kommunizieren mit Lagerverwaltungs- oder Steuerungssystemen.

Nicht im Geltungsbereich enthalten sind:

  • Lagerlifte (Vertikallifte mit umlaufenden Trägersystemen)

  • Karakous (Paternoster-Regale) bzw. Umlaufregale

  • Statische Regale ohne fahrbare Maschinenkomponenten

  • Shuttlesysteme, die auf horizontalen Ebenen in Regalen verfahren (diese werden unter anderen Normen betrachtet)

 

Technische Anforderungen

Die DIN EN 528 legt Anforderungen in mehreren sicherheitsrelevanten Bereichen fest:

1. Mechanische Sicherheit

  • Minimierung von Gefahren durch Quetsch-, Scher- und Stoßstellen.

  • Absicherung beweglicher Teile durch Verkleidungen, Schutzzäune oder Lichtschranken.

  • Begrenzung der Verfahrgeschwindigkeit und dynamischer Bewegungen, insbesondere im Wartungs- oder Einrichtbetrieb.

2. Zugänge und Wartung

  • Es müssen sichere Zugänge für Wartung und Instandhaltung vorgesehen sein, z. B. über Podeste oder gesicherte Plattformen.

  • Die Norm verlangt Schutzeinrichtungen gegen unkontrollierte Bewegungen bei Wartungseinsätzen in der Anlage.

  • Spezielle Betriebsarten wie "Sicherer Zugang zur Regalgasse" (Safe Maintenance Mode) sind verpflichtend, wenn Personal sich in Bereichen aufhält, in denen sich das RBG bewegt.

3. Elektrische und steuerungstechnische Sicherheit

  • Anforderungen an elektrische Ausrüstung (in Anlehnung an EN 60204-1) und funktionale Sicherheit.

  • Integration von Sicherheitssteuerungen (z. B. Not-Halt, Sicherheits-Lichtvorhänge, Türverriegelungen).

  • Fehlererkennung, Diagnose und Abschaltvorgänge müssen dokumentiert und nachvollziehbar gestaltet sein.

4. Schutz vor herabfallenden Lasten

  • Die Konstruktion des Lastaufnahmemittels und der Fördermechanik muss gewährleisten, dass Lasten auch bei Fehlfunktionen sicher gehalten werden.

  • Zusätzliche Maßnahmen sind erforderlich bei der Bewegung über Verkehrswegen oder Personenbereichen.

 

Verbindung zur EU-Maschinenrichtlinie

Die DIN EN 528 gilt als harmonisierte Norm im Sinne der EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Die Einhaltung der Norm ermöglicht dem Hersteller, die sogenannten „wesentlichen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen“ der Richtlinie nachzuweisen. Das ist eine zentrale Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung von Regalbediengeräten.

Die CE-Kennzeichnung auf Grundlage der DIN EN 528 bedeutet, dass ein Produkt auf dem europäischen Binnenmarkt frei in Verkehr gebracht werden darf – ohne weitere nationale Prüfverfahren.

 

Ergänzende Normen

Die DIN EN 528 arbeitet in Kombination mit weiteren Normen aus dem Bereich der Intralogistik, zum Beispiel:

  • EN 619 – Sicherheitsanforderungen für Förderanlagen

  • EN ISO 12100 – Risikobeurteilung und Risikominderung

  • EN 60204-1 – Elektrische Ausrüstung von Maschinen

  • DIN EN 13849-1 – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen

Je nach Anlagenkomplexität und eingesetzter Technik (z. B. Fahrerlose Transportsysteme, Liftsysteme, Shuttles) können zusätzliche Normen wie DIN EN 528 ergänzt werden, gelten jedoch nicht pauschal für andere Lagersysteme wie Lagerlifte.

 

Schulung und befähigte Personen

Regelmäßige Prüfungen von Regalbediengeräten sind gesetzlich vorgeschrieben. Dafür benötigt der Betreiber sogenannte „zur Prüfung befähigte Personen“ im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung. Die DIN EN 528 bildet die technische Grundlage für diese Prüfungen. Inhalte solcher Schulungen umfassen:

  • Erkennen typischer Gefährdungen im RBG-Betrieb

  • Kontrolle von Schutzeinrichtungen, Sensorik und Steuerung

  • Durchführung von Funktionsprüfungen, insbesondere Not-Halt, Türverriegelung und Lichtschranken

Schulungen werden z. B. durch TÜV, DEKRA oder spezialisierte Anbieter angeboten.

 

Fazit

Die DIN EN 528 stellt einen detaillierten Sicherheitsrahmen für schienengebundene Regalbediengeräte dar. Sie konkretisiert die Anforderungen der Maschinenrichtlinie und schafft ein hohes Sicherheitsniveau für automatisierte Hochregallager.

Lagerlifte, Umlaufregale oder statische Regalsysteme sind nicht Bestandteil dieser Norm. Für deren sicherheitstechnische Bewertung kommen andere Richtlinien oder Normen zur Anwendung, wie z. B. EN 15095 für vertikale Lagerlifte oder EN 619 für Förderanlagen.

Für Betreiber automatisierter Lagersysteme ist es entscheidend, zwischen den verschiedenen Anlagentypen zu unterscheiden und die jeweils zutreffenden Normen gezielt anzuwenden – sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht. Nur so lässt sich ein rechtskonformer, sicherer und effizienter Betrieb gewährleisten.

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